Prof. Dr. Rainer Brück, Universität Siegen, ist Inhaber des Lehrstuhls "Medizinische Informatik und Mikrosystemtechnik" und stellvertretender Leiter des FoKoS.
Profesor Brück berichtete über die Ansätze 'Medizin neu denken', die beim Ausbau der Universität in Richtung Medizin verfolgt werden sowie die neuen Studiengänge. Das globale Ziel ist es, insbesondere die medizinische Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern, und das verlangt sowohl neue Technologien als auch neue Strukturen bei der medizinischen Versorgung.
Bei den Technologien erläuterte Herr Prof. Dr. Brück eine Matte, die genau ermittelt, ob jemand über einen bestimmten Bereich geht oder, möglicherweise nach einem Sturz, liegt. Ein EKG-Gerät, das das Format eines Pflasters hat und auch wie ein Pflaster auf der Brust getragen werden kann, überträgt drahtlos die Messergebnisse auf ein Handy und gegebenenfalls auch weiter an einen Notfalldienst. Die Vorführung eines Fingerrings, der einen Sturz erkennen kann, begeisterte die Zuhörer, auch wenn der Weg vom Prototypen bis zum Produkt in der Medizin recht lang ist.
Die Versorgungssituation ist ein anderer Bereich, auf dem über ein Konzept geforscht wird, in dem die Nachbarschaftshilfe im Vordergrund steht. Die Nachbarn sollen darin geschult werden, mit einfach zu bedienenden Geräten und direkter ärztlicher Unterstützung eine erste Diagnose zu erstellen, anhand der Arzt im Hintergrund entscheiden kann, welche Aktion notwendig ist, sei es einen Pflegedienst aktivieren oder die Notversorgung mittels Hubschrauber.
Die ersten Studiengänge werden sich an das Modell der Universität Bonn anlehnen. Die in Siegen neu zu entwickelnden Studiengänge werden ein gemeinsames Bachelor-Studium enthalten, sowie darauf aufbauend Master-Studiengänge mit den Schwerpunkten Medizin, Biological Technology, Digital Medicine und Public Health. Das Lehrkonzept der neuen Studiengänge wird zusammen mit dem Erasmus Medical Centre in Rotterdam aufgebaut, einer der Europäischen Spitzenuniversitäten.
Dem Vortrag schloss sich eine lange Diskussion an, in dem die Konzepte kritisch hinterfragt wurden: Wie ist es mit der Sicherheit der gesammelten Daten bestellt, mit welchem Zeitrahmen muss man rechnen, und nicht zuletzt: Was ist, wenn ich meinen Nachbarn nicht leiden kann und der gar nicht wissen soll, wie es mir geht. Es wurde deutlich, dass es für viele Fragen keine fertigen Antworten gibt und dass vieles Neuland ist. Aber, so formulierte es der Veranstaltungsleiter, Dr. Wahl: Wir können uns es uns nicht leisten, nichts zu tun.