Nach einiger Zeit ohne Tagestouren infolge von Corona-Lockdowns konnten einige der Mitglieder der G.E. endlich wieder einen Ausflug machen. Nicht allzu weit entfernt von Siegen liegt die Stadt Wetzlar, die eine schöne Innenstadt und, etwas außerhalb, eine geschichtsträchtige Firma mit Hotel, Café, Museum und Showroom hat: Die LEICA-Welt. Leica ist die Kameramarke von Leitz. Das Unternehmen entstand 1986 aus der Ernst Leitz Wetzlar GmbH, dem Nachfolgeunternehmen des von Carl Kellner 1849 in Wetzlar gegründeten Optischen Instituts. Bis heute fertigt die hochspezialisierte Firma Fotoapparate und Ferngläser, aber auch Videokameras und sogar Armbanduhren.
Mit einer Messsucher-Leica aufgenommene Bilder strahlen grundsätzlich eine innere Schönheit aus, rühren beim Betrachter etwas an. Sie sind so gestochen klar, fokussieren das Hauptmotiv scharf, der Rest verschwimmt weichgezeichnet. Man fragt sich: Warum eigentlich wirken diese Bilder so besonders? Dabei ist es unwichtig, welches Motiv auf den Bildern zu sehen ist.
Nun, Ingenieurskunst, Feinmechanik und penibelste Fertigung vereinen sich hier, um das Alleinstellungsmerkmal der Fotografien zu erreichen. Im Ausstellungszentrum "Leica-Welt" zeigte uns eine Mitarbeiterin den Werdegang der Firma, erzählte viel Interessantes über die drei Firmenchefs, die nacheinander alle Ernst mit Vornamen hießen, und über Oskar Barnack, dem Tüftler, der die Kleinbildkamera ersann und konstruierte und damit die Fotografiewelt revolutionierte. Hatten bis dahin bei Fotosessions die Modelle minutenlang regungslos auszuharren, konnte man mit Barnacks Neuentwicklung Schnappschüsse aufnehmen. Das kam gut an, und so verbreitete sich die Leica schnell bei Journalisten, Reportern und Fotografie-Enthusiasten. Mit den Jahren entwickelten die Ingenieure Kameras, die mit einer hochauflösenden Technik Fotos produzierten, die ihresgleichen suchten. Berühmte Pressefotos entstanden, von denen 36 Stück im Showroom anzuschauen sind. Und doch verpasste die Firma in den 1990er Jahren den Anschluss an die immer mehr um sich greifende digitale Version von Fotoapparaten. Das war für Leitz eine wirtschaftlich schwierige Phase. Die wurde aber wettgemacht, und heute sind digitale Kameras erhältlich. Leicas sind nicht billig, und das hat seinen Grund. Die ausgeklügelte Fertigung inklusive Reinraum, den die Teilnehmer der Exkursion durch eine große Glasscheibe betrachten konnten, befindet sich in Deutschland. Service wird großgeschrieben, und die Gewinde der Objektive passen auch nach Jahrzehnten – Nachhaltigkeit lässt grüßen! – noch immer auf die Gehäuse, die nicht etwa "futtelig" zusammengeschraubt werden, sondern aus einem Aluminiumblock "aus dem Vollen" gefräst werden. Die Exponate in der Ausstellung bewiesen, was für einen lebenswichtigen Vorteil so ein Alu-Gehäuse hat: Kriegsreporter zum Beispiel überlebten, weil eine Kugel im Kameragehäuse steckenblieb…
Sie merken: Die Autorin war von dieser Ausstellung begeistert!
In denselben Räumen sind noch zwei Fotoausstellungen zu bewundern: "Equilibrium" und "Neglect" (mit drei Serien: "Anima", "Samsa", "Icarus") – der Kölner Fotokünstler Florian W. Müller hat in verschiedenen Naturkundemuseen Tierpräparate von ausgestorbenen oder stark bedrohten Tieren abgelichtet, natürlich mit einer Leica, außerdem Insekten und Vögel im Großformat. Fast meint man, fotorealistische Gemälde zu sehen, aber so fotografiert eine Leica eben! Der Künstler möchte damit auf die Zerbrechlichkeit der Welt aufmerksam machen.
Die andere Fotoausstellung zeigt Fotos vom "Road Movie"-Filmdreh "Mein Sohn" mit Anke Engelke, Jonas Dassler und Hannah Herzsprung.
Dennoch: Eine Leica umgibt ein gewisser Nimbus Sanctus, was sicherlich auch die hohen Preise widerspiegeln. Das Fotografieren ("Malen mit Licht") mit einer Leica soll einen gewissen Umgang und eine Handhabung erforderlich machen. Man muss Geduld mit sich haben und üben. Und ein gutgefülltes Geldsäckchen schadet nicht.
Nach einem leckeren Kaffeetrinken im Leica-Café fuhr uns der freundliche Busfahrer Günter ins Städtchen. Glücklicherweise blieb es trocken! Ein kurzer Fußmarsch bis zum bikonfessionellen Dom auf dem Hügel in der Innenstadt, und schon ging es weiter. In zwei Gruppen erklärten uns die beiden Stadtführer einiges zur Geschichte Wetzlars, zum Dom, zu den Liebesavancen zwischen Johann Wolfgang Goethe und Charlotte Buff, die weiland im heute so genannten "Lotte-Haus" wohnte. Nach dem Rundgang durch die Sträßchen mit vielen schönen Fachwerkfassaden stärkten sich die Teilnehmer im PAULANER, an der Lahn gelegen, mit bayerischen Gerichten und einer zünftigen Maß Bier. Gegen 22.30h traf der Bus wieder in Siegen ein.