175 Jahre Gesellschaft Erholung zu Siegen

Es passiert nicht allzu oft, dass ein Verein, eine Vereinigung, eine Gesellschaft jedweder Art das 175jährige Jubiläum feiern kann. Die Gesellschaft Erholung zu Siegen hat es geschafft!

Am 9. August 1848 wurde die Gesellschaft Erholung zu Siegen gegründet. Die Genehmigung dazu erteilte der damals regierende preußische König Friedrich Wilhelm IV. Seine vielzitierte "allerhöchste Preußische Cabinetsorder" ist auch heute noch in aller Munde, wenn es um die Gründungsphase geht. Fast tagesgenau 175 Jahre später, und zwar am 29.09.2023, wurde das Fest mit einem Festakt und anschließendem Abendessen feierlich begangen. Etwa 100 Mitglieder hatten sich angemeldet, um dabei zu sein, um an festlich gedeckten und mit bunten Blumentöpfen geschmückten Tafeln den Grußworten und Vorträgen zu lauschen.

Eröffnet wurde die Veranstaltung vom Direktor, Prof. Dr. Hermann Siebdrat, der sichtlich erfreut darüber war, dass dieses seltene Event gefeiert werden konnte. Das erste Grußwort sprach Karl-Heinz Jungbluth, der Vorsitzende der in der Nachbarschaft, nämlich in Hilchenbach, beheimateten eigenständigen Gesellschaft Erholung. Er überreichte ein schönes Blumengebinde.

Der nächste Redner war der Siegener Bürgermeister Steffen Mues, der seine historische Amtskette mitgebracht hatte und den Mitgliedern und Gästen die Historie dieser glänzenden Amtskette anschaulich erläuterte. Nur bei wirklich außergewöhnlichen Veranstaltungen holt Steffen Mues die Kette aus ihrer Schatulle, um sie mit Stolz zu tragen – so auch an diesem Abend, was für die Gesellschaft Erholung sicherlich eine Ehre ist!

„Vor 111 Jahren, also 1907, erhielt der damalige Siegener Bürgermeister Anton Daniel Delius vom Preußischen König und Deutschen Kaiser Wilhelm II. das Recht, eine goldene Bürgermeisteramtskette tragen zu dürfen – die Delius dann auch stolz bei dem Juwelier Martin Roedig in der Siegener Oberstadt in Auftrag gab. Dessen Geschäft stand damals nur wenige Meter vom Rathaus entfernt in der Marktstraße. Der Kunstschmied stellte Bürgermeister und Stadtkasse Siegen darauf am 1. Februar 1908 eine Jahres-Rechnung für eine Bürgermeisteramtskette in „14 Karat Gold mit Emaille-Wappen und gravierter Ansichten“ im Lederetui für 2000 Mark netto aus – mit dem Nachsatz, dass Reklamationen nur innerhalb 8 Tagen berücksichtigt würden. Die Kette aus 585er Gold wird heute nur bezüglich des Materialpreises im fünfstelligen Eurobereich taxiert – und liegt folgerichtig auf schwarzem Samt gebettet im Tresor des Rathauses oben in der Krönchenstadt.“ (Quelle: Auszug aus www.siwiarchiv.de/wp-content/uploads/2018/06/SWA9618.pdf)

Im Anschluss an diese besondere Vorstellung scharten sich einige Personen um diesen Schatz, um ihn näher in Augenschein nehmen zu dürfen, was der Bürgermeister gerne gewährte und noch weitere Details beschrieb. Nun war die Reihe an Landrat Andreas Müller, der ebenfalls in launigen Worten seine Wertschätzung gegenüber Vereinigungen wie den Gesellschaften, die in längst vergangenen Tagen gegründet wurden, zollte.

Den längsten Beitrag hörten die Mitglieder und Gäste des Abends bei einem Getränk von Frau Prof. Dr. Bärbel Kuhn, der Geschichtsdidaktikerin und Forscherin der Universität Siegen. Sie hatte sich in mühevoller Kleinarbeit in die Thematik eingearbeitet und gab viel Hintergrundwissen und Anekdoten aus der Entstehungszeit um 1848 zum Besten. Sie erklärte, wie Siegen zu dieser Zeit ausgesehen haben mochte (mit nur wenigen Tausend Einwohnern eher ein größeres Dorf mit Stadtmauern), und führte mit ihrer Vorlesung durch den Lauf der Geschichte, immer mit Blick auf die Siegener Gesellschaft Erholung und ihrer Einbettung in die geschichtlichen Abläufe. Der Beitrag soll in Kürze noch schriftlich erhältlich sein, damit Interessierte sich nochmals darin vertiefen können.

Aber auch die Musikbeiträge kamen nicht zu kurz! Veranstaltungsleiter Dr. Michael Wahl hatte nicht weit weg suchen müssen: Zwischen den einzelnen Wortbeiträgen spielten die Bläser des über die Siegener Grenzen bekannten Ensembles „Pro Musica Sacra“ einige für Bläserquartett arrangierte Titel, die, zeitlich betrachtet, ebenfalls „von Alt nach Neu“ durch die Musikgeschichte führten. Tänzerische Stücke im Drei-Viertel-Takt aus Renaissance, Barock beziehungsweise Klassik und schmissige Rhythmen aus der frühen Jazz-Ära („Mr. Sandman“) zum Abschluss erfreuten die Ohren der Zuhörer. Die Bläsergruppe besteht sonst aus zehn Musikern; für den Jubiläumsabend hatte sich das Siegener Quartett, bestehend aus Simon Bald (Trompete), André Becker (Trompete), Stefan Junk (Posaune) und dem Ensemble-Leiter Eckehard Pankratz (Bassposaune), herauskristallisiert. 

Nach Prof. Kuhns Vortrag servierte das kompetente Team des Hauses der Siegerländer Wirtschaft ein exzellentes Büffet mit schmackhaften italienischen Gerichten und hausgemachten Eis-Bomben als Dessert. Die Mitglieder und Gäste genossen den Abend und tauschten Erinnerungen an vergangene GE-Veranstaltungen aus.